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24.02.2005 Innovation und Gesellschaft

"Anschieben, Begleiten, Zusammenbringen!"

So etwas gab es in Schleswig-Holstein noch nie: Am 1.7.2004 fusionierten mit der Energie- und der Technologiestiftung zwei Stiftungen, die beide eine Landesbeteiligung hatten. Jetzt hat der Stiftungsrat das Arbeitsprogramm beschlossen. onside sprach mit den Vorständen Dr. Manfred Benthaus und Prof. Dr. Hans-Jürgen Block über das Profl der neuen Innovationsstiftung Schleswig-Holstein (ISH).

Warum braucht eine Region Innovationen?
Block: Jedes Land,das am Wohlstand teilhaben will, braucht Innovationen. Innovation ist die Triebfeder für wirtschaftlichen Erfolg.

Gilt das für Schleswig-Holstein im Besonderen?
Benthaus: Schleswig-Holstein kann sich schon aufgrund der Größe nicht mit Bundesländern wie Baden-Württemberg oder Bayern vergleichen. Aber man kann auch hier Impulse setzen, wie es die Energie- und die Technologiestiftung in der Vergangenheit schon getan haben. Uns geht es jetzt darum, Kontinuität zu schaffen und neue Felder zu entdecken.

Wie grenzt sich die ISH gegenüber anderen Einrichtungen ab?
Benthaus: Wenn Sie den Innovationsprozess anschauen - von der Idee bis zur Umsetzung - wird die Arbeit der ISH relativ weit vorn ansetzen. Eine direkte Wirtschaftsförderung machen wir nicht. Die ISH ist auch kein Hochschulinstitut. Wir forschen nicht selbst. Wir wollen Themen auf die Straße bringen, und das machen wir eher moderierend. Wir haben hochqualifizierte Mitarbeiter, deren Aufgabe im Innovations-Management liegt. Dabei bekommen die Projekte nicht unendlich lange Zeit. Wenn sie nicht ins Laufen gekommen sind, war die Idee nicht gut oder die Zeit nicht reif. Anschieben, Begleiten und Zusammenbringen ist das, was die ISH leistet.

Die ISH soll als "Trüffelschwein" auch neue Entwicklungen aufspüren...
Benthaus: Ja, das stimmt und ist auch legitim. Natürlich birgt diese Aufgabe auch Risiken. Diese Risiken wollen wir einschätzen, bewerten und dann entsprechend eingehen.
Block: Es geht um Entwicklungen in der Wissenschaft, die Auswirkungen auf die Wirtschaft des Landes versprechen, zum Beispiel Aquakultur, Nano-oder Biotechnologie. Entdecken allein nützt aber nichts, es geht um Weiterentwicklung und Anwendung.

Wie schaffen Sie es, Innovationen zu fördern?
Block: Wir bringen die Player aus Wissenschaft und Wirtschaft an einen Tisch, damit sie fachbezogen miteinander reden. Das machen wir mit Studien, Veranstaltungen, vielfach auch ganz informell. Ein Instrument, um die Wissenschaft für die Interessen des Landes zu begeistern, ist zum Beispiel unser HWT-Programm. Unsere Hochschulen haben große Potenziale auch für die Wirtschaft. Doch die Wissenschaft wird für anwendungsnahes Arbeiten leider nicht belohnt. Da müssen wir ansetzen.

Woran lässt sich der Erfolg Ihrer Arbeit feststellen?
Block: Ich messe den Erfolg daran, dass über den Impuls der Stiftung hinaus auf einem Gebiet weitergemacht wird. Nicht daran, wie viele Arbeitsplätze geschaffen wurden - dazu sind wir zu weit von der wirtschaftlichen Umsetzung entfernt. Wenn aber die FH Westküste in einem Projekt mit Philips in Itzehoe zusammenkommt, was nicht passiert wäre, wenn wir nicht ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt finanziert hätten - das ist ein Erfolg. Das sieht wenig spektakulär aus, aber es ist das, was eigentlich zählt - und nicht, ob bei einem Kongress 57 Technologietransfer-Funktionäre zuhören, aber kein einziger aus der Wirtschaft.

Bei der ISH handelt es sich um ein Public Private Partnership. E.ON Hanse und E.ON Energie zählen zu den Stiftern. Welche Vor- und welche Nachteile hat dies?
Benthaus: Das ist nach meinem Kenntnisstand eine in Deutschland einmalige Konstruktion. Naturgemäß haben Wirtschaftsunternehmen und öffentliche Verwaltungen unterschiedliche Sichtweisen. Das kann sich positiv auf die Behandlung von Aufgaben auswirken, auch wenn dazu möglicherweise Widerstände überwunden werden müssen.
Block: Das Ganze kann die Stiftung unabhängiger machen. Wenn die Politik versuchen würde, zu massiv Einfluss zu nehmen, dann ist es gut, wenn man einen Partner hat, der nicht alles mitmacht.

Im Stiftungsrat sind vier Staatssekretäre, daneben alle Fraktionen des Landtages vertreten. Wird die Stiftung zur Bühne für parteipolitisches Geplänkel?
Block: Die Stiftung muss rasch zeigen, dass gerade die Distanz zur Tagespolitik im Interesse des Landes ist. Wenn wir zu einer nachgeordneten Behörde irgendeines Ministeriums würden, würden wir im Land rasch Kredit verlieren. Wir brauchen die Distanz, genauso, wie wir den Dialog mit der Politik brauchen. Aber Dialog kann nicht heißen, dass wir Weisungen bekommen.

Was bedeutet das für die tägliche Arbeit?
Benthaus: Ich hoffe, dass wir schnell zu einem breiten Konsens kommen. Wir haben eine hervorragende Position: Die Stiftung hat ein erhebliches Stiftungskapital, wir befinden uns nicht in einer Konkurrenzsituation. Daher müssen wir schon von innen heraus motiviert sein, viel zu leisten. Jetzt gilt es, in wirklich gute inhaltliche Arbeit zu kommen. Ich wünsche mir, dass künftig die Freude an der Arbeit zu spüren ist - denn nur wer Spaß an der Arbeit hat, hat auch Erfolg.

Welches Buch empfehlen Sie jemandem, der an Innovationen interessiert ist?
Benthaus: Es gibt ein englisches Buch "The Art of Innovation". Die Autoren Tom Kelley und Jonathan Littman geben darin einen Blick hinter die Kulissen einer erfolgreichen Sillicon Valley-Firma.
Block: Ich finde "Unternehmen gründen ist nicht schwer..." von Prof. August-Wilhelm Scheer lesenswert, dem Gründer der IDS Scheer AG, eines der bekannten deutschen Software-Unternehmen. Scheer ist Wirtschaftsinformatiker in Saarbrücken und beschreibt in seinem Buch den Aufstieg seiner Firma und auch die Konflikte mit seiner Hochschule.

Auch ein Stiftungsvorstand hat mal Freizeit. Wenn Sie die Wahl hätten, wofür würden Sie sich entscheiden: Für zwei Freikarten für ein Konzert von André Rieu, ein Spiel des THW Kiel, eine Vorstellung des Chinesischen Staatszirkus oder eine Lesung mit Carl Friedrich von Weizsäcker?
Benthaus: Für den Chinesischen Staatszirkus. Weil ich das einfach irre ?nde, was Menschen mit ihrem Körper leisten können, und weil ich unheimlich gerne optische Ästhetik mag. Da würde einem eine Menge geboten. Ästhetik, Kreativität, sich auf etwas Neues einzulassen - das fnde ich wahnsinnig spannend.
Block: Den Staatszirkus würde ich ebenfalls gern erleben. Das ist einfach schöne Unterhaltung. Und zu von Weizsäcker würde ich auch gehen.



Kurzbiographien der ISH-Vorstände:

Der gebürtige Rendsburger Dr. Manfred Benthaus (48) hat nach Abschluss seines Studiums als Diplom-Physiker im Hauptfach Physik an der CAU in Kiel promoviert. Seit 1992 arbeitet er in verschiedenen Leitungspositionen bei der Schleswag AG, heute E.ON Hanse AG. Im Juni 2003 wurde er Vorstand der Energiestiftung Schleswig-Holstein.

Prof. Dr. Hans-Jürgen Block (55) wurde im Kreis Schleswig-Flensburg geboren. Nach dem Studium der Agrarökonomie in Kiel, Göttingen und Oxford war er in der Politikberatung beim Wissenschaftsrat in Köln tätig.1994 wurde Block zum Professor für Wirtschaftswissenschaften und Gründungsrektor der FH Westküste in Heide berufen. Im November 2000 wurde er Direktor der Technologiestiftung Schleswig-Holstein.

 
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