29.06.2005 | Hochschule / HWT |
Big Brother im SchweinestallOberstes Ziel von Schweinezüchtern ist es, möglichst viele gesunde Ferkel pro Sau und Jahr zu verkaufen. Doch längst nicht jedes Ferkel überlebt seine ersten Lebenstage: Die Aufzucht-Verluste liegen im Schnitt bei 17 Prozent. Eine der Hauptursachen für den Ferkeltod ist nach Angaben von Joachim Krieter, Professor am Institut für Tierzucht und Tierhaltung der Uni Kiel, das Erdrücken durch die Muttersau. Krieter will das Verhalten der Tiere jetzt wissenschaftlich untersuchen: Denn während sich einige Sauen ohne Rücksicht auf die Ferkel seitlich fallen lassen, sind andere beim Ablegen deutlich vorsichtiger. Neue Parameter könnten dabei helfen, die Muttereigenschaften von Sauen zu beurteilen und positive Merkmale erstmals in der Züchtung zu berücksichtigen.Bislang ist über die Verhaltensgenetik der Sauen nur sehr wenig bekannt, erläutert Krieter. Das trifft insbesondere für die Muttereigenschaften und das aggressive Verhalten von Sauen gegenüber ihren Ferkeln zu. Standen früher bei der Ferkelerzeugung Merkmale wie Futterverwertung, Fleischanteil und -qualität im Mittelpunkt der Forschung, sei die Bedeutung sekundärer Leistungskriterien in den vergangenen Jahren gestiegen. Kein Wunder schließlich ist der Markt aufgrund starker Konkurrenz von Unternehmen aus Dänemark, den Niederlanden und Frankreich hart umkämpft. Marginale Verbesserungen im Produktionsprozess können den Züchtern einen wichtigen Wettbewerbsvorteil liefern. Gewinnoptimierung das ist jedoch nur ein Aspekt. Tierschutz ist ein anderer. So ist das neue Forschungsprojekt auch Beispiel dafür, dass sich beides nicht zwangsläufig ausschließt. Eine tiergerechtere Haltung, die zum Beispiel im Abferkelbereich mehr Raum zur freien Bewegung einräumt, lässt sich nur mit Tieren entwickeln, die ausgeprägte Muttereigenschaften zeigen, sagt Krieter.Um die Muttereigenschaften zu identifizieren, werden rund 1000 Sauen eines Zuchtbetriebes intensiv beobachtet. Partner in dem Projekt, das von der Innovationsstiftung Schleswig-Holstein finanziell unterstützt wird, ist die Firma farm concepts aus Fahrdorf. Das Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen arbeitet eng mit landwirtschaftlichen Betrieben in Norddeutschland zusammen und führt unter anderem die Zucht des Hülsenberger Zuchtprogrammes durch, dem drittgrößten Zuchtunternehmen Deutschlands. Durch die Kooperation haben wir die Möglichkeit, die Daten unter standardisierten Umweltbedingungen zu erfassen, sagt Krieter. Außerdem seien beste Voraussetzungen für eine genetische Analyse gegeben: Bei allen Tieren sind Informationen über die Abstammung seit mindestens sechs Generationen vorhanden. Das Verhalten der Sauen wird in verschiedenen Situationen, zum Beispiel bei eingespieltem Ferkelgeschrei, auf Video aufgenommen. Die Daten werden später an der Uni ausgewertet und in Zusammenhang mit anderen ökonomischen Parametern gebracht. Die Projektpartner hoffen, auf diesem Weg statistische Modelle für die Auslese der besten Muttersauen entwickeln zu können. Krieter: Eine Senkung der Ferkelverluste auf 10 bis 12 Prozent wäre ein großer Erfolg. |
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