28.02.2005 | Nanotechnologie |
Entdeckungen vom FeinstenWenn es um das neue Lizenzabkommen geht, warnt Dr. Bernhard Weßling vor verfrühter Euphorie. "Noch sind wir einige Zeit von der Anwendung entfernt", sagt der Gründer der Firma Ormecon. Das kleine Unternehmen aus Ammersbek im Kreis Stormarn hat jüngst mit Nissan Chemical Industries in Tokio einen Vertrag geschlossen, der es dem japanischen Konzern erlaubt, Produkte auf Basis von Polyanilin herzustellen. Dieses organische Metall wurde von Ormecon entwickelt und könnte - so eine Hoffnung - die Energiedichte von Kondensatoren entscheidend vergrößern und damit Umwelt schonenden Autos mit Elektromotor zum Durchbruch verhelfen.Organische Metalle? Gibt es gar nicht, würden Schüler eines Chemiekurses einwenden. Schließlich handelt die organische Chemie von Kohlenwasserstoffen, während Metalle mit ihrer großen Wärme- und Leitfähigkeit eine ganz andere Stoffklasse darstellen. Doch 1977 wurden erste Artikel über leitfähige Polymere veröffentlicht. Sie sind weder löslich noch schmelzbar und waren damit zunächst kaum zu gebrauchen. Während viele Forscher die Merkmale ändern wollten, ging Weßling einen anderen Weg. Er ließ den Stoff, wie er war, und entwickelte neben einem neuen Herstellungsverfahren einen Weg, leitfähiges Polymer in verschiedenen Medien äußerst fein zu verteilen. Heute nennt man so etwas Nanotechnologie. "Wir haben damals lediglich von nanoskopischen Teilchen gesprochen", erzählt Weßling. Erst mit weiterentwickelter Analytik sei klar geworden, wie klein die Polyanilin-Teilchen sind: etwa 10 Nanometer (10 Millionstel Millimeter). Die Feinstverteilung sorgt zusammen mit der Wahl des Mediums für erstaunliche Eigenschaften: So besitzt Polyanilin freie Elektronen, kann in drei Oxidationsstufen vorliegen, von denen aber nur eine metallisch ist, und ändert bei Oxidation und Reduktion seine Form nicht. Trägt man Polyanilin auf konventionelle Metalle auf, wandelt es die Oberfläche in eine hauchdünne Metalloxidschicht - ein äußerst wirksamer Korrosionsschutz. Als Katalysator eingesetzt hat Polyanilin außerdem die Leiterplattenherstellung optimiert. Der Hochleistungskondensator ist nun die neueste Idee in der noch weiten Welt unentdeckter Nutzungen. Aus vertrautem Material durch feinste Strukturen neue Eigenschaften herauskitzeln - das ist es, was die Nanoforschung ausmacht. Ob Medizin, Informationstechnik oder Optik: "Polymerbasierte Nanomaterialien lassen sich in ganz verschiedenen Gebieten einsetzen", erklärt Franz Faupel, Professor am Lehrstuhl für Materialverbunde der Uni Kiel. Im Auftrag der Innovationsstiftung Schleswig-Holstein koordiniert er die neu ins Leben gerufene "Norddeutsche Initiative Nanomaterialien" (NINA). Eine Studie hatte zuvor für die Region ein großes Potenzial auf diesem Gebiet ausgemacht. "Mit themenbezogenen Workshops wollen wir die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Industrie fördern sowie Anreize für Firmengründungen geben." An der Uni entwickelt der Professor unter anderem Werkstoffe auf Basis winziger magnetischer Metallpartikel, die dabei helfen sollen, die in Handys auftretenden Wirbelströme zu minimieren. Kooperationen mit der Industrie gehören für ihn längst zum Alltag, auch mit Ormecon gab es bereits gemeinsam betreute Doktorarbeiten. So zählt Ormecon-Chef Weßling neben Hermann Block, einem der Gründer von Hanse Chemie in Geesthacht, als Unternehmensvertreter zum Beraterkreis von NINA. Weßling will seine langjährigen Erfahrungen in die Initiative einfließen lassen. "Eine Innovation macht noch keinen Markt", sagt der Geschäftsführer der 50 Mitarbeiter starken Firma nicht ohne Grund - denn Polyanilin ist als Korrosionsschutz entgegen allen Erwartungen auf dem Markt weitgehend gefloppt. Dennoch gehört Ormecon nach eigenen Angaben zu den wenigen Unternehmen, die heute mit Nano bereits Geld verdienen. Drei Viertel des Umsatzes stammen aus der Leiterplattenherstellung - einem Bereich, in den Ormecon ursprünglich wegen der extrem hohen Anforderungen der Elektronik nur geringe Hoffnungen gesetzt hatte. "Für den Erfolg müssen Sie konsequent und flexibel sein",sagt Weßling. "Und für jede Idee ein offenes Ohr haben." www.ormecon.de Informationen zur Norddeutschen Initiative Nanomaterialien gibt Prof.Franz Faupel, Tel: 0431/880-6226, . Der erste Workshop findet am 17./18.Mai in Schleswig statt |
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