31.08.2005 | Innovation und Gesellschaft |
Alles Thermo!Hunderte Fans der irischen Rock-Band U2 waren stinksauer. Trotz gültiger Eintrittskarten wurden sie bei einem Konzert in den USA nicht ins Stadion gelassen. Die Arena war bereits voll, weil sich andere mit Farbkopien den Zutritt erschwindeln konnten. Mitsubishi HiTec Paper aus Flensburg hat Thermopapier entwickelt, mit dem solche Fälschungen am Eingang auffliegen würden. Wird es eingerissen, kommt an den Einrisskanten eine andersfarbige, innere Schicht als Sicherheitsmerkmal zum Vorschein. Mit Entwicklungen wie dieser trotzt eine der ältesten Papierfabriken Deutschlands nicht nur dem weltweiten Wettbewerb, sondern hat sich zu einem führenden europäischen Anbieter von Spezialpapieren entwickelt.Zugegeben: Beim Stichwort "Innovation" denkt man nicht unweigerlich an Papier. Schließlich gibts das schon seit Hunderten von Jahren. Doch Alter schützt vor Fortschritt nicht: Moderner Thermodruck bekannt vom Faxgerät benötigt speziell beschichtetes Papier. Der Drucker trägt dabei nicht etwa die Farbe auf. Diese ist in Form kleinster Moleküle bereits im Papier enthalten. Heizelemente im Druckkopf sorgen lediglich dafür, dass es an den gewünschten Stellen zur Farbreaktion und damit zum Druckbild kommt. Vorteil: Das Verfahren ist geräuschlos, kommt ohne weitere Verbrauchsmaterialien aus und funktioniert auch in mobilen Geräten prima. ![]()
Thermopapier wird längst nicht mehr nur in Fax-Geräten verwendet. Eine Anwendung sind zum Beispiel Flugtickets, die typischen Koffer-Etiketten beim Einchecken auf dem Flughafen sind eine weitere.
Einsatzgebiete gibt es in Hülle und Fülle. Tankstellenquittung, Kontoauszug oder Lotterieschein? Alles Thermo. Flugticket oder EKG-Ausdruck? Ebenso. Die Anforderungen an das Papier variieren mit dem Einsatzgebiet und sind meist vielfältig. Wie bei den Eintrittskarten: Fluoreszierende Fasern oder die Farbinlays sollen Sicherheit bieten. Gleichzeitig muss das Papier robust sein, weil Tickets in der Regel zweimal bedruckt werden die Vorlagen im Offsetverfahren mit bunter Werbung, das individuelle Ticket dann später an der Konzertkasse mit Platznummer und Preis per Thermodruck. Und weil es an der Kasse nicht lange dauern soll, muss das Papier auch noch für schnelle Drucker geeignet sein. "Aus meiner Sicht ist die Papierherstellung eine der innovativsten Sparten überhaupt", sagt Baus. Kompetenzen verschiedenster Disziplinen seien erforderlich von Wärmetechnik über Hydropneumatik, Steuer- und Regeltechnik bis hin zur Biochemie. Das Flensburger Werk produziert mit einer Geschwindigkeit von 12 Metern pro Sekunde auf einer 70 Meter langen Papiermaschine. Papierstärken von 42 bis 240 Gramm sind derzeit möglich. Zwei Streichmaschinen sorgen für die Beschichtungen. In der werkseigenen Forschungsabteilung kümmern sich 10 Mitarbeiter um eine ständige Weiterentwicklung der Produkte und Verfahren. So ist ein Viertel der Papierarten, die Mitsubishi HiTec Paper unter dem Markennamen "Thermoscript" in alle Welt verkauft, jünger als drei Jahre. ![]()
Auch im Krankenhaus gehört Themopapier zum Alltag - beispielsweise beim Ausdrucken von Messergebnissen. Fotos: Mitsubishi HiTec Paper GmbH
"Ideal ist, wenn wir mit unseren Entwicklungen einen Bedarf wecken können", sagt Baus wohl wissend, dass auch künftig Innovationen die beste Versicherung für die rund 250 Arbeitsplätze des Betriebes sind. Über Diplomarbeiten, Praktika sowie dem Engagement auf den Managementtagen der Uni Flensburg sucht das Unternehmen daher auch den engen Kontakt zum wissenschaftlichen Nachwuchs. Anders als den U2-Fans in Amerika hat der französischen Bahn ein Spezialpapier aus Flensburg zuletzt aus der Patsche geholfen. Auf Tickets der SNCF hielten zuvor die Stempel nicht, die die Fahrscheine entwerten sollten. Sie konnten von den Kunden wieder abgewischt werden. Baus: "Wir verkaufen kein Papier, sondern Lösungen." |
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