13.07.2006 | Maritime Wirtschaft / Nachwuchsförderung |
Lübecker DenkfabrikUnzählige kleine Flaggen zieren die Fensterbank des Konferenzraums und machen jedem Besucher sofort klar: Hier ist die Welt zu Hause. Vor wenigen Tagen erst waren es Kunden aus Israel und Saudi Arabien, die den Weg zum Maschinenbau-Spezialisten Gabler nach Lübeck gefunden haben. Für die Geschäftsführer Wolfgang Scharf und Sören Kayser sind solche Treffen die Bestätigung, der Konkurrenz in punkto Technologie stets einen Schritt voraus zu sein. Dazu setzen sie konsequent vor allem auf einen Produktionsfaktor: Den Menschen und sein Wissen.![]()
"Der Campus ist unsere Antwort auf den Ingenieurmangel": Gabler-Chef Wolfgang Scharf Foto/Copyright: Nils Bergmann
So wird der Konferenzraum in regelmäßigen Abständen zur Denkfabrik. Dann kommen technische Berater zusammen, um frei von Vorgaben im so genannten Innovationsforum Ideen für neue Produkte zu entwickeln. Ein mittelständisches Unternehmen habe kaum die Möglichkeit, eine Entwicklungsabteilung zu unterhalten, erläutert Scharf. Gabler machte aus der Not eine Tugend, als in den 90er Jahren das benachbarte Ingenieurkontor Lübeck von HDW übernommen wurde und einige ältere Ingenieure nicht mit nach Kiel wechselten. Wir haben ihnen den Vorschlag gemacht: Trefft Euch doch hier und seid kreativ! Genau das tun sie seither mit großem Engagement. Zusätzliches Know-how aus dem militärischen Bereich bringen Offiziere in das Forum ein, die die Marine bereits in Ruhestand versetzt hat oft weit vor ihrem 60. Lebensjahr. Damit im Unternehmen keine Parallelwelt entsteht, diskutieren in den Runden stets auch die leitenden Ingenieure von Gabler mit. Aufspüren von Trends und Marktbeobachtung sind nur zwei Aufgaben, die die derzeit etwa 12 Berater übernehmen. Sie wirken auch bei Studien mit und arbeiten Symposien auf. Für konkrete Tätigkeiten werden sie vom Unternehmen entlohnt doch das Geld sei für die meisten völlig nebensächlich, erzählt Scharf. Die haben Spaß daran und wollen dabei helfen, Arbeitsplätze in Lübeck zu sichern. Rund 30 Vorschläge für Entwicklungen sind im Jahr 2005 aus dem Innovationsforum hervorgegangen. Doch Ideen allein reichen nicht es muss auch jemand da sein, der sie umsetzt. Leider wird allzu oft die Bedeutung der technischen Berufe in der Gesellschaft nicht erkannt, sagt Scharf. Um einem Mangel an Fachkräften vorzubeugen, setzt Gabler auf systematische Nachwuchsförderung. ![]()
Der Gabler-Campus wird von Prof. Jürgen Ritterhoff und Dr. Birgit Faermann (Mitte, links) organisiert. Foto/Copyright: Nils Bergmann
Der Campus ist unsere Antwort auf den Ingenieurmangel, sagt Scharf. Hinter dem Begriff verbirgt sich ein umfangreiches Angebot der Firma an Studierende, an der Lösung praxisrelevanter Aufgaben mitzuarbeiten. Nicht zuletzt aus dem Innovationsforum ergeben sich immer wieder neue Themen zum Beispiel für Diplomarbeiten. Wer sich dafür interessiert, bekommt von Gabler jegliche Unterstützung. PC und Arbeitsplatz stehen bereit. Ein Ingenieur, der im jeweiligen Themengebiet arbeitet, wird zum Paten. Und für Diplomanden aus der Ferne gibt es sogar Wohnräume auf dem Firmengelände. Organisiert wird der Campus vom früheren HDW-Direktor für Forschung und Entwicklung Prof. Jürgen Ritterhoff und der Kieler Mathematikerin Dr. Birgit Faermann. Sie sind das Bindeglied zu den Hochschulen, und wenn sie ihre Schäflein zum monatlichen Treffen zusammenrufen, wird der Konferenzraum erneut zur Brutstätte frischer Ideen: Jeder Student muss dann seine Arbeit vorstellen und nicht selten seine Ansätze vor der Gruppe verteidigen. Die Ergebnisse der Diplomarbeiten erweitern die firmeneigene Wissen-Datenbank, die jung und alt je nach persönlicher Vertraulichkeitsstufe für Recherchen zur Verfügung steht. Spätestens an dieser Stelle schließt sich der Wissenskreis. Das Konzept scheint zu funktionieren: Noch in diesem Jahr will Gabler vier Produktinnovationen fertig stellen, für die es bereits Käufer gibt. Scharf: So können wir mit unserem Modell sogar Märkte beeinflussen. |
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