20.09.2006 | Wind- und Sonnenenergie / Hochschule |
Drehmomente auf dem WasserOhne ihn gäbe es die Bananenflanke im Fußball nicht. Oder den um die Ecke gespielten Topspinn-Ball, mit dem Boris Becker auf dem Tennisplatz so gern angreifende Gegenspieler düpierte. Die Rede ist vom Magnus-Effekt, benannt nach dem deutschen Wissenschaftler Heinrich Gustav Magnus. Er beschrieb Mitte des 19. Jahrhunderts die Beschleunigung und Flugbahn eines runden Körpers, wenn dieser in einem Luftstrom rotiert. Der Magnus-Effekt lässt sich auch auf See ausnutzen. Das zeigt die Uni Flensburg gerade mit einem neuen Boot.Doch erst einmal zurück zur Physik: Sobald ein Luftstrom senkrecht auf einen ruhenden Körper trifft, wird der Strom geteilt, und die Luft fließt gleich schnell um beide Seiten des Körpers herum. Dreht sich der Körper, dann bewegt sich die eine Seite mit dem Luftstrom, die andere entgegen. Durch die Drehung reißt der Körper Luft mit sich. So wird der Luftstrom auf der einen Seite schneller, auf der anderen wird er abgebremst: Unter- beziehungsweise Überdruck sind die Folge. Quer zum Strom wirkt nun dadurch auf den Körper eine Kraft, die um beim sportlichen Beispiel zu bleiben den fliegenden Ball so schön kurven lässt.
Flettner-Rotor statt herkömmliches Segel: Die UNIKAT ist während der Feierlichketen zum Tag der Deutschen Einheit 2006 auf der Kieler Hörn zu sehen Fotos: Uni Flensburg
Gemeinsam mit seinem Team, Student Ole Hillenbrand und Bootsbauer Robert Schmidbauer hat Prof. Dr. Lutz Fiesser, Leiter des Instituts für Physik und Chemie und ihre Didaktik an der Uni Flensburg, die Idee Flettners wieder belebt und ein Boot entwickelt, das kein Segel, sondern einen Flettner-Rotor besitzt. Um falschen Vorstellungen vorzubeugen: Dieser Zylinder wird mit Hilfe eines Elektromotors angetrieben, für den Solarzellen die Energie bereitstellen. Aufgrund der Windausnutzung kommt das Boot bei normaler Fahrt jedoch mit einer Leistung von lediglich 100 Watt aus. Im Vergleich zum Segel sei der Flettner-Rotor etwa um den Faktor zehn besser, erläutert Fiesser. Benötigt ein normales Segelboot beispielsweise 35 Quadratmeter Segelfläche, kommt der Rotor für die gleiche Geschwindigkeit mit einem Zehntel der Fläche aus. Statt bei veränderten Windstärken mühsam das Segel zu reffen, reicht es beim Flettner-Rotor, die Umlaufgeschwindigkeit zu ändern. Wendemanöver? Kein Problem. Statt einer Halse einfach die Drehrichtung des Rotors ändern, und das Boot fährt in die andere Richtung.Kein Wunder, dass Fiesser für den Rumpf einen Schiffstyp aus der Südsee gewählt hat, bei dem der Bug zum Heck werden kann. Wir hatten selbst nicht erwartet, dass das Boot auf Anhieb so gut funktioniert, erzählt Labortechniker René Stachowitz über die ersten Testfahrten. Auf der Flensburg-Nautics im August, wurde das Boot auf den Namen UNIKAT getauft und war gleich ein Publikumsmagnet. Die Flensburger Forscher wollen den fast vergessenen Antrieb nun weiter untersuchen, zum Beispiel in Bezug auf die Abdrift. Angesichts des steigenden Ölpreises sei der Flettner-Rotor als Energie sparender Zusatzantrieb durchaus auf großen Schiffen denkbar. |
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