01.12.2006 | Hochschule |
Kieler Meeresforscher identifizieren unbekannten EinzellerIm Ozean gibt es noch viel zu entdecken, viele Lebensräume sind hier weitgehend unerforscht. Dennoch ist es nach Angaben von Experten sehr selten, eine neue Art von Kalk bildenden Foraminiferen zu finden, die am Meeresboden des oberen Ozeans lebt. Weltweit ist dies zuletzt vor genau zehn Jahren geschehen. Der Grund: Diese einzelligen Organismen sind schon seit Jahren sehr gut untersucht und dokumentiert. Nun ist es Forschern am Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) in Kiel gelungen, eine neue Art ausfindig zu machen.Benthische Foraminiferen sind mit den Amöben verwandte Einzeller. Sie kommen in allen marinen Lebensräumen vor, von den Salzwiesen im Watt bis zu den lichtlosen Ebenen der Tiefsee. Mit rund 4000 rezenten Arten sind die Foraminiferen eine sehr vielfältige Gruppe von Organismen. Als rezente Arten bezeichnet man solche Arten, die in der geologischen Gegenwart, also in den vergangenen 10.000 Jahren bis heute, auftreten oder in dieser Zeit ausstarben. Da die meisten Foraminiferen-Arten ein widerstands- und erhaltungsfähiges Gehäuse aus Kalk oder zusammengefügten Sedimentpartikeln bilden, waren sie schon seit den Anfängen der Mikroskopie im 18. Jahrhundert Gegenstand systematischer Untersuchungen. Ihre gegenwärtige Artenvielfalt ist deshalb recht gut bekannt, im Gegensatz zu vielen anderen Organismengruppen der Tiefsee. Wissenschaftlern des IFM-GEOMAR gelang es in Zusammenarbeit mit Kollegen vom Institut für Geowissenschaften der Universität Kiel sowie der Universitäten München und Utrecht, eine neue Art nachzuweisen. Uvigerina celtica heißt das Kleinstlebewesen, ist am europäischen und nordafrikanischen Kontinentalhang weit verbreitet und kommt in 70 bis 700 Meter Wassertiefe vor. Die Arbeit wurde im Rahmen des EU Projektes HERMES (Hotspot Ecosystem Research on the Margins of the European Seas) gefördert. Die Forschergruppe setzte unterschiedliche Methoden ein, um den Nachweis zu erbringen. So analysierten Kollegen der Universität Utrecht den genetischen Code und hinterlegten ihn in internationale Datenbanken. Der genetische Fingerabdruck diente, neben der Ermittlung ihrer Verbreitung und Merkmalen des Körperbaus, der Identifizierung von Uvigerina celtica. Das ist schon ein wenig Detektivarbeit, erzählt "Entdecker" Dr. Joachim Schönfeld vom IFM-GEOMAR. Wir konnten auf hunderte Oberflächensedimentproben aus dem Atlantik zurückgreifen, die an Kieler Instituten seit den 1930er Jahren systematisch gesammelt und aufbewahrt werden." Die Neuentdeckung sei vor allem dem Umstand zu verdanken, dass diese Art nahen Verwandten auf den ersten Blick sehr ähnlich sieht. Die neu entdeckte Art ist im Gegensatz zu ihren Verwandten an sehr hohen Nahrungseintrag angepasst und wird als empfindlicher Indikator für küstennahe Eutrophierung dienen. Damit haben sich unsere Möglichkeiten entscheidend verbessert, Umweltveränderungen und ihre Auswirkungen auf die Lebewelt am Meeresboden frühzeitig zu erkennen", sagt Schönfeld. |
|
![]() |
|
![]() |