23.01.2007 | Bioenergie |
Licht in die BlackboxInformatiker nennen es kurz Troubleshooting. Damit bezeichnen sie das das Suchen und Beheben von Systemfehlern. Nichts anderes versuchen Forscher und Entwickler auch auf einem ganz anderen Gebiet: bei Biogasanlagen. Denn in der Praxis läuft das System Biogasanlage nur allzu oft aus dem Ruder. Ursachen sind der komplizierte Gasbildungsprozess und bislang fehlende Kontrollmöglichkeiten. Um Biogas in der gewünschten Menge zu erzeugen, sind stabile Bakterienpopulationen in allen Prozessphasen notwendig. Was die Bakterien im Fermenter gerade tun, ist jedoch unbekannt, sagt Gerhard Kopiske vom Ingenieurbüro UTEC in Bremen.Eine Möglichkeit, per online-Messung Licht in die Blackbox Biogasanlage zu bringen, stellte Kopiske auf einem Workshop in Kiel vor. Parameter wie Temperatur, Methankonzentration, ph-Wert und Redoxpotenzial werden in kurzen Abständen im Fermenter gemessen. Stoppt man vorübergehend die Bestückung der Anlage, lässt sich anhand der Messkurven verfolgen, wie die Biologie im Fermenter darauf reagiert. Ein solches Vorgehen entspräche dem eines Arztes, der mit einem Belastungs-EKG Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand eines Patienten gewinnen will, erläutert Kopiske. Den Rhythmus einer Biogasanlage zu kennen sei Voraussetzung, um bei Messkurven richtig zu interpretieren. Eingreifen zu können, bevor der Gärprozess möglicherweise vollständig umkippt dieses Ziel eint alle Referenten des Workshops. Die Themen ihrer Vorträge waren vielfältig: von der Interpretation der Gasbilanzen über Anforderungen an die Steuerungstechnik bis hin zu Abhängigkeiten des Gasertrages von der Essigsäurekonzentration. Letzteren Zusammenhang stellte Professor Herbert Märkl von der TU Hamburg-Harburg her. Märkl präsentierte ein mathematisches Modell zur Beschreibung der reaktionstechnischen Zusammenhänge. Der Professor hob die Bedeutung des Stofftransports von der Flüssig- in die Gasphase hervor. Wenn Sie eine Mineralwasserflasche öffnen, entweicht Kohlendioxid, erläutert Märkl. Dennoch sei anschließend noch Gas im Wasser gelöst. Bei Biogasanlagen findet die Gasproduktion in der Flüssigphase statt. Wie viel Gas erzeugt wird, hänge damit wesentlich vom Stofftransportverhalten ab. Den Workshop nutzte Dr. Helga Andree vom Institut für Landwirtschaftliche Verfahrenstechnik der Uni Kiel, um neueste Resultate eines Kooperationsprojektes mit der Firma Biomasseverwertung aus Eckernförde vorzustellen. Finanziell unterstützt durch die Innovationsstiftung Schleswig-Holstein entwickelt die Wissenschaftlerin Messzellen für Biogasanlagen auf Basis der Nahinfrarotspektroskopie (NIRS). Aus dem Grad der Absorption der Strahlung soll damit berührungslos auf die Inhaltsstoffe der eingebrachten Substrate geschlossen werden. Innerhalb von 16 Wochen hat die Forscherin 150 Proben untersucht und die Messgeräte für verschiedene Parameter kalibriert. Die Ergebnisse sind viel versprechend, sagt Andree. Die Übereinstimmung von geschätzten und gemessenen Werten liege zwischen 90 und 95 Prozent. |
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