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01.06.2007 Bioenergie / Energieeffizienz und Klimaschutz

Studie aus der Schweiz: Nicht jeder Biotreibstoff ist umweltfreundlich

Biotreibstoffe sind nicht notwendigerweise umweltfreundlicher als fossile Treibstoffe. Das ist das Ergebnis einer Studie, die die Forschungsorganisation Empa im Auftrag der schweizerischen Bundesämter für Energie, für Umwelt und für Landwirtschaft durchgeführt hat. Zwar verursachen einige Biotreibstoffe mehr als ein Drittel weniger Treibhausgase als Benzin oder Diesel. Bei Anbau und Verarbeitung der Rohstoffe fallen laut Studie jedoch andere und teils schwerer wiegende Umweltbelastungen an, welche die ökologische Gesamtbilanz deutlich verschlechtern. Biotreibstoff sei nicht gleich Biotreibstoff, und diesen Unterschied gelte es in der Politik etwa bei Fördermaßnahmen zu berücksichtigen, erklärten die Forscher aus der Schweiz.

„Die energetische Effizienz und die dadurch erzielte Treibhausgasreduktion können nicht die alleinigen Kriterien für eine ökologische Gesamtbewertung von Biotreibstoffen sein", sagt Empa-Wissenschaftler Rainer Zah. Mit seinem Team hat er die vier alternativen Treibstoffe Bioethanol, Biomethanol, Biodiesel und Biomethan ökologisch bewertet – vom Anbau der Rohstoffe über die eigentliche Herstellung Kraftstoffe bis zu ihrer Nutzung.

Die Studie zeigt, dass bei den meisten Biotreibstoffen ein Zielkonflikt zwischen der Minimierung der Treibhausgasemission und einer positiven ökologischen Gesamtbilanz besteht. Obwohl grundsätzlich jeder der untersuchten Treibstoffe umweltfreundlich produziert werden könnte, würden Rohstoff sowie Herstellungsart darüber entscheiden, welcher Alternativtreibstoff gesamtökologisch tatsächlich besser abschneidet als Benzin und Diesel.

Treibhausgasemissionen und gesamter Umweltbelastung der Biotreibstoffe
Treibhausgasemissionen und gesamte Umweltbelastung: Die Treibstoffe innerhalb der grünen Fläche schneiden in beiden Punkten besser ab als Benzin. Quelle/Copyright: Empa
Die besten Werte ermittelten die Wissenschaftler für die energetische Nutzung von Abfall- und Reststoffen. Dabei fielen einerseits die hohen Umweltbelastungen aus der Rohstoff-Bereitstellung weg, andererseits verringerten sich die Schadstoffemissionen aus der Abfallbeseitigung, erklärten die Forscher. Ebenfalls gute Ergebnisse zeigt laut Studie die energetische Nutzung von Holz, zum Beispiel dessen Vergasung, da hierbei die Umweltauswirkungen bei der Bereitstellung des Rohstoffes sehr gering sind. Die mit Abstand schlechteste Ökobilanz hat laut Studie in Europa produziertes Ethanol aus Roggen. Die extrem hohe Umweltbelastung erkläre sich bei diesem Treibstoff durch den niedrigen Ernteertrag.

Die ökologische Gesamtbilanz wurde mit der Schweizer Methode der ökologischen Knappheit bestimmt, welche die Differenz der Umweltbelastungen zu den gesetzlich festgelegten Grenzwerten bewertet. Zudem zogen die Forscher die europäische Methode „Eco-indicator 99“ heran, welche die Schädigungen der menschlichen Gesundheit und der Ökosysteme quantifiziert.

Beide Methoden zeigen das gleiche Bild: Negativ zu Buche schlagen vor allem die Umweltbelastungen durch den landwirtschaftlichen Anbau der Rohstoffe. In tropischen Ländern führt beispielsweise die Brandrodung von Regenwaldflächen zu großen Mengen an Kohlendioxid, zu einer erhöhten Luftverschmutzung durch Russ und andere gesundheitsschädliche Abgase wie Stickoxide, Aerosole oder Dioxine sowie zu einem Verlust an biologischer Vielfalt (Biodiversität). Beim Anbau in gemäßigten Klimazonen wirken sich die teils intensive Düngung und die mechanische Bearbeitung des Bodens negativ auf die Umwelt aus. Zudem stehe die landwirtschaftliche Energieproduktion außerdem in Konkurrenz mit anderen Formen der Landnutzung wie der Nahrungsmittelproduktion oder dem Erhalt natürlicher Flächen.

Das mit der Studie beauftragte Forscherteam weist darauf hin, dass sich die Umweltbelastungen aller untersuchten Biotreibstoffe im Gegensatz zu den fossilen Energieträgern durch gezielte Maßnahmen deutlich verringern ließen. So könnten etwa strenge Zertifizierungsrichtlinien für Biotreibstoffe das Problem der Brandrodung von Regenwald mindern. Die Wissenschaftler der Empa erwarten daher in Zukunft bessere Bewertungen einzelner Biotreibstoffe dank der Optimierung bestehender sowie der Entwicklung neuer Herstellungsverfahren.

Grundlage der Empa-Studie waren Daten aus "ecoinvent", einer weltweit einzigartigen wissenschaftlichen Datenbank für Ökobilanz-Basisdaten, die von Empa-Forschern erstellt und betreut wird. Die Resultate der Studie beziehen sich auf durchschnittliche Verhältnisse im Jahr 2004 in den jeweiligen Produktionsländern und gelten bezüglich Nutzung für die Schweiz als Ganzes. Empa ist eine Forschungsinstitution für Materialwissenschaften und Technologie. Sie ist Teil des Bereichs der Eidgenössischen Technischen Hochschulen (ETH-Bereich) und damit der Schweizer Bildungs-, Forschungs- und Innovationsszene (BFI).


 
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