fileserver.php?id=72
PDF-Datei, 1037 KB
Wählen Sie hier ein Themengebiet
06.07.2007 Bioenergie / Energieeffizienz und Klimaschutz

Waschtag für Biogas

Erdgas deckt in Deutschland rund 23 Prozent des gesamten Energiebedarfs. Geht es nach Dr. Claus Bonsen von der E.ON Bioerdgas GmbH in Essen, dann könnte ein Teil davon schon bald aus erneuerbaren Energiequellen stammen. „Ich kann mir vorstellen, dass innerhalb von zehn Jahren Biogas einen deutlich einstelligen Prozentanteil am Erdgasmarkt ausmacht“, sagte Bonsen auf einer Fachtagung, zu der das Netzwerk „Energieerzeugung aus Biomasse“ der Innovationsstiftung Schleswig-Holstein nach Kiel geladen hatte.
 
Dr. Claus Bonsen von der E.ON Bioerdgas GmbH in Essen
Sieht Potenzial für Biogas als Erdgas-Substitut: Dr. Claus Bonsen, E.ON Bioerdgas
Gas aus dem Bioreaktor wird in Deutschland bisher vornehmlich zur Stromerzeugung eingesetzt. Würde man es ins Erdgasnetz einspeisen, könnte es dezentral zur Wärmeerzeugung verwendet werden. Allerdings hat Rohbiogas nicht die für Erdgas festgeschriebene Qualität: Der Methangehalt ist mit im Schnitt 60 Prozent zu gering, zudem enthält das Biogas neben viel CO2 auch Störkomponenten wie Schwefelwasserstoff. Vom Biogas zum Bioerdgas – dieser Schritt funktioniert nur durch eine technische Qualitätsverbesserung.

Um den Methananteil zu erhöhen, trennt man aus dem Rohbiogas CO2 heraus. Hierfür gibt es verschiedene Verfahren. Ein gängiges ist die Druckwasserwäsche. Sie beruht auf den unterschiedlichen Löslichkeiten von Methan und CO2 in Wasser. Das Praktische daran ist, dass das Waschmittel Wasser gleichzeitig auch Schwefelwasserstoff aus dem Gas herauslöst. Allerdings muss das Gas nach der Druckwasserwäsche getrocknet werden.

Mit der Druckwasserwäsche kann Biogas entsprechend den jeweiligen lokalen Anforderungen konditioniert werden. Denn auch Erdgas weist als Naturprodukt je nach Quelle eine unterschiedliche Beschaffenheit aus. In Deutschland wird es in zwei Qualitäten angeboten: als so genanntes H-Gas (High-Gas) mit einem Methangehalt zwischen 87 und 99 Volumenprozent und als L-Gas (Low-Gas) mit einem Methananteil zwischen 80 und 87 Volumenprozent.

Für die Einspeisung ins Gasnetz ist es mit der Aufbereitung allein aber noch nicht getan. Weitere Anforderungen betreffen die Regel- und Messtechnik am Einspeis punkt ebenso wie das Leitungsnetz selbst. Das ist in Deutschland äußerst heterogen und wird nach Druckstufen und Versorgungsebenen in Hoch-, Mittel- und Niederdruck-Leitungen unterteilt. Physikalische Parameter wie Druckspanne, Leitungsdurchmesser und minimale Gasabnahme seien für eine Beurteilung der Einspeisemöglichkeit relevant, sagte Bonsen – und verwies auch auf das Regelwerk der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches DVGW.

Dass sich aufbereitetes Biogas auch anders verwerten lässt, zeigte der Vortrag von Dr. Roland Kahn von der Haase Energietechnik AG. Das Unternehmen aus Neumünster hat – aufbauend auf dem Prinzip der Druckwasserwäsche – ihren „BiogasVerstärker“ entwickelt. Statt des Wassers kommt eine organische Substanz zum Einsatz, die in nur einem Verfahrensschritt Kohlendioxid, Schwefelwasserstoff und Wasserdampf aus dem Rohgas heraustrennt.

Dr. Roland Kahn von der Haase Energietechnik AG
Informierte über erste Bioerdgas-Tankstelle Deutschlands: Dr. Roland Kahn von der Haase Energietechnik AG
In einer Pilotanlage im niedersächsischen Jameln werden 100 Kubikmeter Biogas pro Stunde aus der örtlichen Biogasanlage abgezweigt und mit dem von Haase entwickelten Waschverfahren aufbereitet. Das so gewonnene Bioerdgas in H-Gasqualität steht seit rund einem Jahr als Kraftstoff in Deutschlands erster Biogas-Tankstelle zur Verfügung: Rund 80 Erdgas-Fahrzeuge können dort pro Tag mit Biogas in Erdgasqualität betankt werden. Bezüglich der Wirtschaftlichkeit verwies Kahn auf eine Studie der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe. Demnach rechnen sich die spezifischen Kosten der Aufbereitung per Druckwasserwäsche erst für Anlagengrößen ab 250 Kubikmeter pro Stunde. Kahn: „Lässt man den Technologiebonus von zwei Cent, den das Energieeinspeisegesetz einräumt, außen vor, sollten die Anlagen sogar noch größer sein.“

Beiträge aller Referenten, darunter weitere Verfahren der Aufbereitung, Informationen zum Regelwerk des DVWG und Erfahrungen mit Bioerdgas im schwedischen Linköping unter www.biomassenutzung-sh.de.


 
Artikel weiterempfehlen
eine Seite zurück|Zum Seitenanfang|Seite drucken| Suche | © 2005-2008 ISH | Impressum | | Tel.: | english site