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31.08.2007 Energieeffizienz und Klimaschutz

Erdkühle fürs Aquarium

Auf der Baustelle am Eiderdeich herrscht reger Betrieb: Seit April wird das Multimar Wattforum in Tönning zur Südseite erweitert. Auf mehr als 800 Quadratmetern Fläche erhält das zentrale Informationszentrum für den Nationalpark Wattenmeer zusätzlichen Platz unter anderem für ein neues Großaquarium. Während sich die Raumaufteilung bereits deutlich abzeichnet, werden wohl nur Experten die blauen Schlauchenden bemerken, die an einer Stelle gebündelt aus dem Beton ragen. Sie führen ins Erdreich und sind Zeichen eines ausgeklügelten Energiekonzepts.

Während bei anderen Gebäuden neben Strom vor allem Wärme gebraucht wird, standen die Architekten beim Multimar Wattforum ebenso vor der gegenteiligen Herausforderung. „Das Wasser im Aquarium muss auch im Sommer kalt bleiben“, erläutert Forumsleiter Dr. Gerd Meurs. Neun bis 14 Grad Celsius, wärmer darf es für die Kaltwasserfische der Nordsee nicht werden. Kein leichtes Unterfangen, schließlich soll das neue Großaquarium mit 250.000 Litern allein soviel Wasser enthalten wie alle bisherigen Aquarien des Forums zusammen.

Außer Frage stand, dass die Haustechnik des als Bildungseinrichtung für nachhaltige Entwicklung zertifizierten Informationszentrums nicht nur wirtschaftlich, sondern auch so Ressourcen schonend wie möglich arbeiten soll. Eine bautechnische Besonderheit brachte die Planer auf eine Idee: Für die Standfestigkeit des Neubaus mussten 56 Pfeiler 30 Meter tief in die Erde gerammt werden. Warum diese nicht gleich doppelt nutzen und mit oberflächennaher Geothermie einen Teil des Energieproblems lösen?

Zu diesem Zweck wurden die Pfeiler mit Kühlschläuchen versehen, die an der Oberfläche im Fundament eingebettet sind. In den Schläuchen wird später eine Flüssigkeit zirkulieren, die in der Tiefe durch die natürliche Erdkühle abkühlt und hoch gepumpt dann von unten das Aquarium temperiert – Fußbodenheizung einmal anders herum. Doch die Nutzung der Erdkühle ist nur ein Aspekt im Energiekonzept. Ein weiteres ist ein neues Blockheizkraftwerk (BHKW), das zunächst mit Gas, später mit Biogas betrieben werden soll.

Im BHKW werden Strom und Wärme erzeugt. Letztere wird in den Wintermonaten zum Heizen des Gebäudes verwendet. Ist kein Heizbedarf vorhanden, kann die Wärme mit Hilfe einer Absorptionskälteanlage zur Kälteerzeugung genutzt werden. Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung nennen Fachleute das Prinzip, das dem Multimar Wattforum auf der einen Seite einen hohen Nutzungsgrad der Anlage beschert, zum anderen saisonal immer die passende Lösung anbietet: Im Winter Wärme, im Sommer, wenn der Kältebedarf hoch ist, zusätzliche Kühle. Ergänzt werden BHKW und Geothermie-Lösung durch weitere Maßnahmen wie den Einsatz von Wärmetauschern zur Nutzung kühler Außenluft.

„Das Energiekonzept ist wie ein Blumenstrauß von einzelnen Maßnahmen, die es geschickt zu kombinieren gilt“, sagt Forumsleiter Meurs. Weil es Modellcharakter besitzt, finanziert die Innovationsstiftung Schleswig-Holstein die Messtechnik, mit deren Hilfe Verbrauchsdaten erfasst und protokolliert werden.

Für den Erweiterungsbau, der 2008 eröffnet wird, plant Meurs eine separate Ausstellung zur Energieversorgung. „Unser Hauptgeschäft ist, Öffentlichkeit herzustellen. Das gilt auch für diesen Bereich.“ Das Ziel hat der Meeresbiologe hoch gesteckt: Meurs hofft, die CO2-Emission im Vergleich zu konventionellen Methoden halbieren zu können.


 
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