08.09.2007 | |
Internetseiten im Praxistest: Damit kein Surfer baden gehtJede Regung, jeder kleinste Fluch wird registriert. Wenn Karen Lindemann Testpersonen darum bittet, typische Aufgaben auf einer Internetseite wie eine Anmeldung oder einen Bestellvorgang durchzuführen, sind Minikamera und Mikrofon stets im Einsatz. Eine Software zeichnet das Verhalten der Probanden vor dem PC genauso auf wie jede ihrer Mausbewegungen auf dem Bildschirm. Karen Lindemann sucht nach den Stärken und Schwächen des Internetauftritts. Im Auftrag von Firmen und Organisationen überprüft sie, ob typische Nutzer in der Lage sind, sich problemlos auf den Seiten zurecht zu finden und relevante Informationen abzurufen.Benutzerfreundlichkeit ist das, was auch im weltweiten Datennetz zählt. Während es bei vielen Industrieprodukten bereits gang und gäbe ist, diese vor der Einführung auf Gebrauchstauglichkeit zu testen, sei das bei Internetseiten noch viel zu selten der Fall, sagt Lindemann. Erstaunlicherweise, denn Usability, so der Fachausdruck, ist mehr als nur ein Servicegedanke. Dahinter stecken wirtschaftliche Überlegungen: Wird ein Interessent umständlich durch eine Vielzahl von Ebenen geführt wird, steigt er nicht selten frühzeitig genervt aus ohne Information, ohne Geschäftsabschluss. Bereits im Rahmen ihrer Diplomarbeit an der Uni Wien hat sich die Werbekauffrau und Psychologin mit dem Thema auseinandergesetzt. Dass ihre Arbeit unter mehr als 40 Werken mit dem ersten Preis und 1.000 Euro beim eResult Usability-Contest ausgezeichnet wurde, hat sie in dem Willen bestärkt, auf dem Gebiet weiterzuarbeiten. Ausgestattet mit einem Gründerstipendium der Innovationsstiftung Schleswig-Holstein, das von der EU kofinanziert wurde, wagte sie den Schritt in die Selbstständigkeit und gründete in Wedel vor den Toren Hamburgs ihr Unternehmen Netflow. Neben eigener Begutachtung setzt Lindemann vor allem auf den Praxistest mit potenziellen Nutzern. Schon vier bis sechs Probanden pro Kernzielgruppe reichten aus, um entscheidende Schwachstellen einer Internetseite schonungslos aufzudecken. Usability geht immer von den Zielen und Bedürfnissen des Nutzers aus, sagt Lindemann. Großer Unterschied zur Marktforschung sei, dass ihre Tests nicht vorrangig dazu dienten, Meinungen abzufragen, sondern die tatsächliche Interaktion mit einer Internetseite zu beobachten. Als Moderatorin sitzt sie neben dem Probanden, fragt Erwartungen zu einzelnen Navigationspunkten ab und fordert die Testperson immer wieder auf, ihre Eindrücke laut zu formulieren. Ihnen muss dabei klar sein: Nicht sie stehen auf dem Prüfstand, sondern die Internetseite. Die Auswertung der Mitschnitte fasst Lindemann in einem Bericht zusammen, in dem sie Probleme nicht nur aufzeigt, sondern auch Lösungsvorschläge anbietet. Häufig ist zu beobachten, dass der Nutzer nicht weiß, in welchem Bereich er sich befindet, sagt die Expertin. Missverständliche Formulierungen, nicht funktionierende Verlinkungen und ganz simpel fehlende Informationen seien weitere Fehler. Bei Agenturen und Designern ist Lindemann inzwischen über Hamburgs Grenzen hinaus bekannt, auch deshalb, weil sie regelmäßig Workshops mit internationalen Referenten sowie den World Usability Day in Hamburg organisiert. Firmen rät sie, Usability bereits im Entwicklungsprozess einer Internetseite zu berücksichtigen. So könnten Fehlentwicklungen bereits im Vorfeld verhindert oder zumindest kostengünstig korrigiert werden. Und auch hierfür bietet sie ihre Dienstleistung an. Wold Usability Day 2007: Am World Usabiltity Day werden Experten am 8. November 2007 in Hamburg zu Themen rund um die Benutzerfreundlichkeit von Internetseiten referieren. Infos siehe Link unten |
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