12.12.2007 | Hochschule |
Neue Wege der MilchforschungDie deutsche Milchwirtschaft sorgt sich um ihre Innovationsfähigkeit und ihre Wettbewerbsfähigkeit mit forschungsstarken Molkereiunternehmen im benachbarten Ausland. Grund ist ein bereits von Wissenschaftsrat und Bauernverband mehrfach beklagter unkoordinierter Abbauprozess bei den öffentlichen Mitteln für die angewandte Milchforschung in den Hochschulen und den Instituten des Bundes. Um im zunehmenden internationalen Wettbewerb bestehen zu können, sei die überwiegend mittelständisch strukturierte deutsche Milchindustrie mehr denn je auf Innovationen in Prozesse und Produkte angewiesen, heißt es in einer aktuellen Studie zum Milchforschungsstandort Deutschland.Durch fortwährende unkoordinierte Kürzungen werde die Leistungsfähigkeit der öffentlichen deutschen Milchforschung empfindlich geschmälert, und den Firmen fehlten zunehmend die Forschungspartner für ihre Innovationsprozesse. Die traditionellen deutschen Milchforschungszentren Berlin/Oranienburg, Gießen, Weihenstephan und Kiel sind in den letzten 20 Jahren entweder aufgelöst oder durch Umstrukturierung und Abbau geschwächt worden, sagt der Vorstand der Innovationsstiftung Schleswig-Holstein, Prof. Dr. Hans-Jürgen Block, der an der Studie mitgearbeitet hat. Zum 1. Januar 2008 verlagert der Bund im Zuge der Neustrukturierung seiner Forschungsinstitute das bisherige Institut für Ernährungsphysiologie nach Karlsruhe und das bisherige Institut für Ökonomie der Milchwirtschaft nach Braunschweig. In Kiel verbleiben unter dem Dach des von Karlsruhe geleiteten neuen Max-Rubner-Institutes das Institut für Mikrobiologie und Biotechnologie sowie ein neu geschnittenes Institut für Sicherheit und Qualität bei Milch und Fisch mit zusammen 120 bis 130 Beschäftigten. Nachdem parallel dazu an der TU München in Weihenstephan das Fach Ökonomie der Milchwirtschaft im Zuge einer internen Umstrukturierung in Richtung Grundlagenforschung eingestellt wurde, wird dieses für die Ausbildung des Nachwuchses der Molkereiwirtschaft wie für eine unabhängige Politikberatung wichtige Fachgebiet damit künftig an keiner deutschen Universität mehr vertreten sein. Die Wirtschaft sieht hierin ein eklatantes Beispiel für das Versagen des Föderalismus und fordert für Kiel und München jeweils einen Lehrstuhl, damit dem Führungskräftenachwuchs der Ernährungswirtschaft weiterhin ein interdisziplinäres produktionstechnisch-ökonomisches Studium angeboten werden kann. Wie die angewandte Milchforschung auch mit Mitteln der Wirtschaft finanziert werden kann, zeigen die Nachbarländer Dänemark und die Niederlande, wo parafiskalische Abgaben, die auf Produktion und Verarbeitung von Agrarprodukten erhoben werden, seit langem für diesen Zweck eingesetzt werden. In Deutschland hingegen werden die Gelder, die auch hier als Zwangsabgabe abgeführt werden, für Werbung und andere Absatzfördermaßnahmen eingesetzt. So kommen allein von der Milchwirtschaft jedes Jahr über 30 Mio. Euro zusammen. Die Milchindustrie sieht die Förderung von Forschung und Innovationen als ebenso wichtig an und fordert daher in der Studie, dass die Umlagen des Absatzfonds künftig auch zur Finanzierung von Forschung und Entwicklung eingesetzt werden können. Handlungsbedarf ist dringend geboten, sagt Block, machen wir es wie die Dänen und finanzieren wir aus den Geldern des Absatzfonds eine deutsche Stiftung Milchforschung! |
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