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08.11.2005 Förderung / Medizintechnik / HWT

HWT-Programm wird fortgesetzt / Neue Projekte bewilligt: Chronischen Krankheiten auf der Spur

Chronische Krankheiten sind die Todesursache Nummer eins. Nach einer aktuellen Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO werden 2005 rund 35 Millionen Menschen an den Folgen einer chronischen Krankheit sterben. Während die Hochleistungsmedizin akute Erkrankungen sehr gut im Griff habe, würden chronische Erkrankungen zunehmend Probleme bereiten, sagt Stephan Uhlig, Professor am Forschungszentrum Borstel. Ein Grund: „Im Tiermodell sind solche Krankheiten nur schwer zu untersuchen.“ Eine schleswig-holsteinische Kooperation zwischen Medizinern, Mathematikern und einem mittelständischen Unternehmen könnte die Forschung auf diesem Gebiet schon bald einen großen Schritt voran bringen.

Ziel der Zusammenarbeit ist es, ein so genanntes SPECT-Gerät für die Untersuchung von Kleintieren zu entwickeln. SPECT steht dabei für Single Photon Emission Computed Tomography und bezeichnet ein bildgebendes Verfahren der Nuklearmedizin. Die erzeugten Bilder geben Aufschluss über Stoffwechselabläufe im untersuchten Körper. Zwar wird SPECT in der Humanmedizin bereits seit einigen Jahren zur Diagnose eingesetzt, nicht jedoch zur systematischen Erforschung von Krankheiten. Letzteres erfolgt u. a. im Tierversuch.

MiE-Chef Günther W. Kühl erläutert Wissenschaftsminister Dietrich Austermann und ISH-Vorstand Hans-Jürgen Block die Fertigung der nuklearmedizinische Geräte
MiE-Chef Günther W. Kühl erläutert Minister Dietrich Austermann und ISH-Vorstand Hans-Jürgen Block die Fertigung der nuklear-medizinischen Geräte (v.r.)
Um Auffälligkeiten an Lunge, Herz oder Niere exakt zu untersuchen, müssen Ratten und Mäuse bislang getötet werden. Zusätzlich zum Tierschutz besteht das Problem: Tote Labortiere taugen nicht für Langzeit-Beobachtungen, die wiederum gerade für das Verstehen der Abläufe von chronischen Erkrankungen notwendig sind. „Was wir brauchen, ist ein nicht invasives Analyseverfahren, um ein und das selbe Tier über einen längeren Zeitraum beobachten zu können“, sagt Uhlig. Ein solches Gerät gäbe es weltweit bislang nicht. Wer es als erster habe, habe einen immensen Vorteil. „Damit hätten wir ein Alleinstellungsmerkmal.“

Die Konstellation für die Entwicklung einer solchen Apparatur mitten in Schleswig-Holstein könnte besser nicht sein: Die relevanten medizinischen Fragestellungen werden von Professor Uhlig und seiner Laborgruppe des Forschungszentrums Borstel eingebracht. Der Arbeitsschwerpunkt der Forschungsgruppe liegt darin, die Wechselwirkung zwischen Lungenfunktion und dem Immunsystem zu verstehen. Die spezielle Linse, mit deren Hilfe die SPECT-Technologie von der humanen Anwendung auf Kleintier-Format übertragen werden soll, wird von der Firma MiE aus Seth im Kreis Segeberg entwickelt. MiE stellt seit 25 Jahren Kameraanlagen für die Nuklearmedizin her.

Komplettiert wird die Kooperation von Professor Bernd Fischer und seinem Team vom Institut für Mathematik an der Uni Lübeck. Die Mathematiker aus der Hansestadt arbeiten bereits in einem anderen Projekt mit MiE zusammen. Ihre Aufgabe ist es, Störfaktoren bei der Bildgebung auf numerischem Wege zu bereinigen. Solche Störfaktoren entstehen, wenn sich bei längeren Aufnahmen das Objekt bewegt. Auch sind Bilder, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten aufgenommen wurden, häufig nicht miteinander vergleichbar, weil nicht exakt die gleiche Position eingenommen wurde. Die Lübecker Wissenschaftler haben für verschiedene Anwendungen Algorithmen entwickelt, die solche Differenzen korrigieren können – und damit weltweit bereits große Anerkennung erzielt.

Ermöglicht wird das neue Vorhaben durch finanzielle Unterstützung vom Ministerium für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein und der Innovationsstiftung Schleswig-Holstein (ISH). Wissenschaftsminister Dietrich Austermann und ISH-Vorstand Hans-Jürgen Block übergaben jetzt einen entsprechenden Förderbescheid über 50.000 Euro. Die Mittel stammen aus dem gemeinsamen Förderprogramm „Hochschule-Wirtschaft-Transfer“ (HWT).

Im April 2004 hatten Wissenschaftsministerium und ISH befristet bis 2006 jährlich 500.000 Euro bereitgestellt, um den Technologietransfer von der Wissenschaft in die Wirtschaft zu fördern und anwendungsnahes Arbeiten an den Universitäten und Fachhochschulen in Schleswig-Holstein zu unterstützen. "Das HWT-Programm zeichnet sich zum einen dadurch aus, dass wir keine Fachgebiete vorgeben“, sagte Block. „Zum anderen ist die Bedingung, dass der Industriepartner mindestens 20 Prozent der Projektsumme trägt, für uns ein guter Test auf Relevanz des Vorhabens.“

Innovative Ideen schlummern in den Hochschulen Schleswig-Holsteins offensichtlich genügend: In vier Antragsrunden seien insgesamt 49 Anträge bei der Stiftung eingegangen, 20 Projekte seien durch die Jury zur Förderung empfohlen worden, berichtete Block. Die Kooperation von Professor Uhlig und Partnern ist eines der vorerst letzten Projekte, die bewilligt wurden: Die ursprünglichen HWT-Mittel sind ausgeschöpft.

Minister Austermann ließ in Seth keinen Zweifel daran aufkommen, dass das Programm weitergeführt wird. „In den HWT-Projekten ist es in besonderer Weise gelungen, Grundlagenforschung einer wirtschaftlichen Nutzung zuzuführen", sagte Austermann. Sein Ministerium sei gewillt, die Mittel für die Förderung von Innovationen zu verstärken. Das beinhalte die Fortsetzung von HWT. Zudem seien andere Wege wie ein Schleswig-Holstein-Fonds denkbar. Austermann: „Wissen schafft Wirtschaft. Es darf nicht so sein, dass eine gute Idee deshalb nicht zum Zuge kommt, weil die finanzielle Unterstützung fehlt.“

Auch Stiftungsvorstand Block signalisierte Bereitschaft, das Förderprogramm fortzusetzen. Manchmal ließe sich selbst mit vergleichsweise kleinen Fördersummen viel bewegen, sagte Block. Das SPECT-Projekt sei dafür ein Beleg.


 
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