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27.11.2006 Innovation und Gesellschaft / Energieeffizienz und Klimaschutz

"Unglaublich viele Möglichkeiten liegen brach"


Über seine Erfahrungen bei der Beratung von Kommunen und den effizienten Einsatz von Energie in Städten und Gemeinden sprachen wir mit Hans Eimannsberger, Leiter der Energieagentur Schleswig-Holstein.

Warum ist Energiesparen gerade für Kommunen so wichtig?
Hans Eimannsberger: Das Thema Energie hat in den Kommunen lange Zeit ein Schattendasein geführt. Das liegt im Wesentlichen daran, dass in den Verwaltungshaushalten die Energiekosten mit diversen anderen Aspekten in einen Topf geworfen und lediglich als Sammelnachweis geführt werden.

Mangelt es an Transparenz?
Eimannsberger: Es gibt keine Transparenz in diesem Bereich, und in sofern ist es für die Kommunen schwierig, festzustellen, wie viel sie für Energie ausgeben. Wir haben versucht, das zu ermitteln: Zwischen fünf und acht Prozent der kommunalen Ausgaben entfallen auf die Energiebewirtschaftung öffentlicher Gebäude – mit steigender Tendenz aufgrund der anziehenden Energiepreise. Genau das wird den öffentlichen Verwaltungen jetzt bewusst. Ihnen sind in den vergangenen drei Jahren die Energiekosten dramatisch aus dem Ruder gelaufen, und jetzt tut es richtig weh.

Hans Eimannsberger
Leitet die Energieagentur Schleswig-Holstein: Hans Eimannsberger Foto/Copyright: I-Bank
Aber Energiesparen ist doch kein neuer Hut…
Eimannsberger: Natürlich würde man den Kommunen unrecht tun, wenn man sagen würde, sie hätten die ganze Zeit gar nichts gemacht. Mal `ne alte Pumpe austauschen, mal die Regelung erneuern, mal neue Leuchtmittel einsetzen – das ist sukzessive immer wieder passiert. Nur es ist sehr zufällig passiert, und in der Regel waren es kleine Projekte. Eine Kommunalverwaltung geht üblicherweise nicht her und bewertet ihre Maßnahmen. Doch bevor eine Investition getätigt wird, muss klar sein, in welcher Zeit sie sich bei heutigen Energiekosten amortisiert. Diese Berechnung wird nicht angestellt. Und weil das so ist, liegen unglaublich viele Möglichkeiten brach.

Fehlt in den kommunalen Verwaltungen das Fachwissen?
Eimannsberger: Es herrscht einfach eine ganz andere Herangehensweise. Das betriebswirtschaftliche Bewerten von Maßnahmen findet in der Regel nicht statt. Fehlendes Fachwissen kann ein Grund sein. Auf jeden Fall ist es mangelnde Praxis. Außerdem macht es zusätzliche Arbeit, die Amortisationszeit eines Vorhabens zu berechen. Die  Kommunen sind gehalten, sparsame Haushaltsführung an den Tag zu legen. Das führt dazu, dass sie den Personalschlüssel immer sehr knapp anlegen müssen, so dass keine Kapazitäten da sind.

Gibt es in den Gemeinden überhaupt eine personelle Zuordnung bei Thema Energie?
Eimannsberger: Je größer eine Verwaltungseinheit und damit die Verantwortung für eine bestimmte Anzahl von Liegenschaften ist, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Energieverantwortlicher zur Verfügung steht. Bei weitem nicht alle Landkreise haben einen Energieverantwortlichen. Wir raten den kleineren Kommunen, wenn sie es nicht schaffen, zum Beispiel zusammen mit anderen Gemeinden eine solche Stelle einzurichten, sich einen externen Dienstleister zu suchen. Dieser versorgt sie mit allen Informationen, so dass sie Entscheidungen nicht aus dem Bauch heraus treffen müssen. Auch wir bieten diese Dienstleistung kostengünstig an. Die Investitionsbank hat da gewisse Vorteile, weil sie dem Kostendeckungsprinzip und nicht dem Gewinnmaximierungsprinzip unterworfen ist.

Wie kommen Sie mit den Kommunen in Kontakt?
Eimannsberger: Auf ganz unterschiedliche Weise. Zum Beispiel über die kommunalen Landesverbände: Gerade unlängst fand eine Veranstaltung mit Bürgermeistern statt, zu der ich eingeladen war, um einen Vortrag zum Thema 'Kosteneinsparung durch  Energiecontrolling' zu halten. Das nehme ich gerne wahr. Darüber heraus kommen wir auch in anderen Bereichen mit den Kommunen in Kontakt und können dann das Thema Energie ansprechen. Ein geeigneter Zeitpunkt, den ich für die Einführung von Energiecontrolling für optimal halte, ist die Einführung der doppelten Buchführung innerhalb der Kommunen. Damit wird schnell die notwendige Transparenz geschaffen. Wir wollen die Menschen durch das Handeln überzeugen und niemandem etwas aufschwatzen. Wir haben aktuell nahezu 400 Gebäude im Controlling und wissen, wovon wir reden.

Wie groß schätzen Sie das Sparpotenzial ein?
Eimannsberger: Wir beobachten, dass allein dadurch, dass damit begonnen wird, das Thema Energiecontrolling zu institutionalisieren, der Energieverbrauch schlagartig nach unten geht. Weil plötzlich jemand auf die Kosten schaut, gehen die Lichter ganz anders aus als vorher. Und plötzlich werden Lüftungsanlagen abgeschaltet, von denen es vorher geheißen hat, die könne man nicht abschalten. Allein dieser Effekt bewegt sich in der Größenordnung von acht bis zehn Prozent. Das ist auch unsere Herangehensweise: Das Energiecontrolling, das wir den Kommunen anbieten, muss sich allein aus den nicht investiven Maßnahmen rechnen. Wenn wir dann noch über Investitionen reden - mit der entsprechenden Berechnung der Wirtschaftlichkeit jedes einzelnen Postens – dann ist es nicht vermessen zu sagen, dass 50 Prozent Einsparungen durchaus eine realistische Größenordung sind.

Welche Dienstleistungen bietet die Energieagentur konkret an?
Eimannsberger: Als die Energieagentur 1991 gegründet wurde, war besonders der kommunale Kunde in unserem Fokus. Mittlerweile hat sich das ziemlich ausgeweitet, der kommunale Kunde hat allerdings nach wie vor den höchsten Stellenwert. Wir bieten ihm im Wesentlichen zwei Pakete an: Das Standard- Paket mit dem Namen IB-Energiecheck beinhaltet das Energiecontrolling. Zum Energiecheck gehört beispielsweise eine Begehung der Immobilie, die Datenaufnahme von Zählerstrukturen, Verantwortlichkeiten und Flächen und Maßnahmen, die bereits umgesetzt wurden. Über diese Erkenntnisse erstellen wir dann Energieberichte und Energiespiegel, die wir den Verantwortlichen der Verwaltung zur Verfügung stellen. In der Anfangsphase dachten wir: Transparenz zu schaffen reicht. Aber die Kunden wollten von uns auch Wege aufgezeigt bekommen, um Energie effizienter einzusetzen. Daraus ist als Erweiterung ein Maßnahmenkatalog entstanden, der Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen für Einzelmaßnahmen beinhaltet. Das sind konkrete  Handlungsalternativen, die in drei Ebenen unterteilt sind: Maßnahmen ohne Investitionen, gering investive Maßnahmen und investive Maßnahmen. Größeren Kommunen und Verwaltungseinrichtungen bieten wir zudem an, dass wir mit deren Energiebeauftragten ein Energiemanagement aufbauen. Hierzu führen wir dann unter anderem Erstaufnahmen aller Gebäude, Erhebung von Maßnahmen und Wirtschaftlichkeitsberechungen durch. Dadurch ist dann der Energiebeauftragte in der Lage,  das Geschäft kennen zu lernen und hinterher selbstständig durchzuführen.

Was kosten Ihre Dienstleistungen?
Eimannsberger: Für den kompletten Energiecheck zahlt der Kunde je nach Anzahl der Gebäude maximal bis zu 2500 Euro pro Jahr. Wenn wir Gebäude aufnehmen, kostet uns das vor allem Zeit. Wenn wir einmal vor Ort sind, spielt es dann aber keine so große Rolle mehr, ob wir ein oder zwei Gebäude aufnehmen. Daher reduziert sich dieser Satz mit der Anzahl der Gebäude: Bei zehn und mehr Liegenschaften beispielsweise liegen die Kosten dann schon unter 2000 Euro pro Gebäude und Jahr. Die entscheidende Frage ist: Was hat der Kunde davon? Wir haben festgestellt, dass wir mit unserer Dienstleistung den Kunden in die Lage versetzen, seine Energiekosten um etwa zehn Prozent zur reduzieren.

Wie steht es um den Einsatz alternativer Energietechnik?
Eimannsberger: Gerade was den Einsatz regenerativer Energien betrifft, haben wir bereits in der Vergangenheit intensiv mit der früheren Energiestiftung und der heutigen Innovationsstiftung zusammengearbeitet. Bei allen Maßnahmen, die wir ergreifen, ist es wichtig, das Pferd von der richtigen Seite aufzuzäumen. In dem man sich zum Beispiel erst um die Wärmedämmung kümmert und die Potenziale aufzeigt und berechnet, die für hohen Energieverbrauch stehen. Erst danach geht es darum, zu entscheiden, wie die Energieversorgung sichergestellt wird. Das kann mit Hilfe einer konventionellen Brennwerttechnologie sein, ebenso kann man den Einsatz von regenerativen Energieträgern prüfen. Und wenn es konventionelle Kesseltechnologie sein soll, ist zu fragen, ob sich durch Beistellung eines Blockheizkraftwerkes die Wirtschaftlichkeit des Anlagenbetriebes nicht deutlich erhöht.

Was ist Ihre Motivation, um sich als Partner bei der "EnergieOlympiade"  e-ko zu engagieren?
Eimannsberger: Die guten Beispiele, die wir in Schleswig-Holstein haben, müssen noch weiter verbreitet werden. Dafür sehe ich diesen Wettbewerb. Und ein Wettbewerb hat in dieser Hinsicht eine ideale Türöffnerfunktion: Als Mitarbeiter einer kommunalen Verwaltung kann ich mir angucken, was andere gemacht haben und kann selbst Gedanken entwickeln. Es geht nicht darum, dass alle Kommunen jetzt eine Komplettsanierung ihrer Schulen und Schulzentren beginnen. Das wäre schön, aber es gibt auch zahlreiche andere Aktivitäten. Wichtig ist, dass Energie endlich als wichtiges Thema verstanden und auch entsprechend gehandelt wird. Energie einsparen, optimale Technologien einsetzen und die regenerativen Energieträger nach vorne bringen – wenn uns das gelingt, bin ich sehr zufrieden.


 
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